Die Schützenkette als Sparbuch Vortrag zur Geschichte der Lotter Schützenvereine

Beim Klönabend des Schützenvereins Lotte von 1659 referierte Brigitte Jahnke zur „Geschichte der Schützenvereine im Tecklenburger Land“ – beeinflusst auch von der Historie.

Im Wesentlichen geht es hier um die Traditionsvereine der Gemeinde Lotte. „Schützenvereine gibt es fast so lange, wie Menschen in Gruppen zusammenleben“, berichtete Brigitte Jahnke. Indes bestehen Vereine im heutigen Sinn erst seit rund 160 Jahren. „Vorher waren es Gilden, Bruder- und Nachbarschaften oder sonstige Vereinigungen.“
Schützen schützten die Allgemeinheit

Sie verteidigten Familien, Stämme und Besitztum. Soweit mochten das der Alt-Lotter Vereinsvorsitzende Horst Kröner und die rund 30 Besucher gewusst haben. Zum Schutz der Allgemeinheit wurden bereits früh sogenannte Motten, Turmhügelburgen mit Graben und Palisadenzaun sowie Turm in der Mitte gebaut. Dorthin flohen die Menschen bei Bedrohungen und warfen zur Verteidigung auch mit Steinen.

Brigitte Jahnke berichtete über Eroberungen der Grafen von Tecklenburg und deren weitreichendes Herrschaftsgebiet; auch über die Söldner der Bischöfe von Münster und Osnabrück, die in die Grafschaft einfielen.
Tecklenburger Grafen verdingten Söldner

Im Jahr 1605 gab es einen Beschluss, dass die Burg besser beschützt werden solle von den Untertanen. Aus Bauernschaften und Kirchspielen mussten im Wechsel für bis zu 14 Tage Männer – in der Regel Großbauern und deren Söhne – gestellt werden. „Das war unangenehm, weil sie Haus und Hof verlassen mussten. Die Arbeit blieb liegen, es sei denn ein Öhm verrichtete sie“, berichtete Brigitte Jahnke.
Graf Mauritz stiftete besten Schützen Silbervögel

Im Jahr 1659 stiftete der Tecklenburger Graf Mauritz den Lottern einen silbernen Vogel als Anerkennung für den besten Schützen. Zehn Jahre später erhielten der Schützenverein Dütestrand die Auszeichnung für Treffsicherheit. Es wurde Brauch, dass ab da der Schützenkönig eine silberne Plakette mit seinem und dem Namen der Königin stiftete. „Die Ketten galten für die Familien als Statussymbol. Die Plaketten sind daher wichtige historische Zeugen“, sagte die Referentin.
Schützenkette war Sparbuch für Bevölkerung

„Die Schützenketten waren eine Sparkasse für die Allgemeinheit“, erklärte die Fachfrau. Bei Steuerschulden oder Hungersnöten zum Beispiel wurde ein Teil der Plaketten eingeschmolzen, Schulden zu tilgen oder Nahrung zu kaufen.

„So erklärt es sich, dass an zahlreichen Königsketten einige Embleme fehlen. Das heißt nicht, dass es in den Jahren keine Schützenkönige gab“, berichtete sie. Das gelte auch für die Kette der Gastgeber, die nach 1714 große Lücken aufweise.
Pastor Wedde war Lotter Schützenkönig in 1817

Aus der Historie der Lotter Schützen wusste sie zu berichten, dass Pastor Wedde im Jahr 1817 in Lotte Schützenkönig war, was durchaus etwas Besonderes ist. Auch das wurde vermutlich ordentlich gefeiert. „Damals begannen hier die Schützenfeste mit einem Schnatgang entlang der Grenze zu Osnabrück. Der Weg führe den Aufzeichnungen nach stets einmal durch das Haus von Kolon Brömstrup in Gaste. Dort blieben die Schützen sicher nicht trocken“, sagte die Historienkennerin schmunzelnd.
Schützen-, Krieger- und Bauernschaftsvereine

Konkurrenz bekamen die Schützenvereine nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 durch Kriegervereine, die jeden Gedienten aufnahmen. Gleichzeitig kamen Bauernschaftsvereine auf, in denen auch geschossen wurde. Damals war der Zulauf noch beachtlich, wohingegen heute so manch ein Schützenverein Probleme hat, Mitglieder und Nachwuchs zu finden.

Text und Bild: Ursula Holtgrewe (NOZ)

Kalla Wefel eröffnet wortwitzigen Wahlkampf um Oberbürgermeisteramt in „Lotte-Ost“

Eine Zeitreise war es allemal, auf die der Osnabrücker Kabarettist Kalla Wefel sein Publikum im Alt-Lotter Schützenhaus mitnahm. Die Grünröcke hatten zum Klönabend mit „Musikalischer Reise durchs Osnabrücker Land“ eingeladen. Es gab zwar wenig Osnabrücker Land, dafür aber viel Musik der 60er-Jahre und noch mehr Kabarett – auch mit autobiografischen Zügen.

Amüsant ging es bereits los, als Schützenpräsident Eckhard Kottmann sagte: „Begrüßen möchte ich den vielleicht als Oberbürgermeister im Vorort von Lotte kandidierenden Kalla Wefel.“ Wefel: „Lotte-Ost. Ich wusste nicht, dass der Wahlkampf hier eröffnet wird – aber gut.“

Nach dem deftigen Grünkohlbuffet von Caterer Schubert ging Wefel gleich in die Vollen: „Ich als Ur-Osnabrücker werde OB von Osnabrück. Die Umfragen sagen, es gibt 376 Prozent für mich. Ich opfere mich für meine Stadt auf, nicht für meine Partei; ich habe nämlich keine.“ Es folgte ein Werbeblock, in dem er Bücher und CD vorstellte und erklärte, warum Osnabrücker gegen Chancengleichheit seien: „In Frankfurt ist die Chance, ermordet zu werden, mehr als 13-mal höher als in Osnabrück.“

Spitzfindig, schlitzohrig, wortwitzig und mit skurrilen Verknüpfungen gestaltete der Sohn zweier Aufschneider („Meine Eltern waren Chirurgen“) den Abend. Das gemeinsame Leben mit Christian Wulff gab es in einer Trilogie auf vier Seiten. „Als ich nach Hamburg ging, ist der völlig orientierungslose Christian Wulff der CDU beigetreten“, hieß es.

Auf Wunsch von Eckhard Kottmann werde er etwas aus seinem Buch vorlesen, sagte der Kabarettist und blätterte in „Osnabrück – Heimatstadt zwischen Quakenbrück und Kattenvenne“ den Zeitgeist von vor rund 50 Jahren auf. Wefel war Teenie und spielte in der Band „The Set“.

Er setzte alles auf die Musik, um Mädchen zu imponieren, und vernachlässigte die Schule. Der erste Auftritt war in der „Milchbar“ am Nikolaiort. Die Bandmitglieder jobbten für neue Instrumente und Verstärker für Auftritte in größeren Sälen. Die Tour führte sie auch in die „Gondel“ nach Alt-Lotte, ins „Waldschlösschen“ nach Lienen und in neue Clubs, wie den Osnabrücker „99“.

Wefel war mitten in den 1960ern: „Es war die Zeit, als Schwule hinter vorgehaltener Hand als 175er bezeichnet wurden. Man schämte sich, wenn man einen kannte. Der Paragraf stammte noch aus dem Jahr 1872.“ Damit rief der Kabarettist Erinnerungen wach an die Hippie-Zeit und die Probleme, die vor allem konservative Gesellschaftsteile mit den „Revoluzzern“ hatten: „Langhaarige wurden als Gammler bezeichnet. Die mussten sich Sprüche anhören wie: Geht nach drüben in die DDR. Ihr gehört ins Arbeitslager.“

Das Publikum schmunzelte – auch bei der Erinnerung, dass Süßkram wie Nappo und Prickel Pit je fünf Pfennige kosteten. „In der Schule hieß es: Je länger die Haare werden, umso schlechter werden die Zensuren“, blickte Wefel auf die Zeit zurück, als er das erste Mal sitzen blieb. Auch weil „The Kinks“ und die „Beachboys“ zu seinen Lieblingsbands avanciert waren. Dass er dann in Hamburg sein Abi baute, erfuhren die Lotter gleichfalls.

Wie einfach es bereits damals war, mit den Gitarrengriffen G-C-D-C zahlreiche Ohrwürmer zu begleiten, ließ der Kalla Wefel hören mit Hits, die das Publikum textsicher mitsang – jedenfalls viele Refrains. Der Osnabrücker fühlte sich offenkundig wohl im Westfälischen und meinte nach zweieinhalb Stunden: „Leute, ich kann nicht mehr.“

Was möglicherweise neues Programm ist und was „echt passiert“ war, musste jeder für sich beurteilen. Eine unterhaltsame Zeitreise war es allemal.

Text und Bild: Ursula Holtgrewe (NOZ)

Treffliches zur Gebietsreform Wolfgang Johanniemann serviert Lotter Schützen nach dicker Rippe sein trockenes Thema mit Pfiff

Sicherlich war es auch die dicke Rippe mit Kraut und lecker gezwiebeltem Püree, das die rund 40 Gäste am Freitagabend ins Alt-Lotter Schützenhaus lockte. Doch sie blieben auch zum Vortrag von Wolfgang Johanniemann. Mutig hatte Schützenchef Eckhard Kottmann das trockene Thema Gebietsreform für den Klönabend gewählt.

Doch Kottmann kennt seine Pappenheimer und seinen Joanniemann. Denn der Wersener Heimatforscher war bereits zum dritten Mal Referent des Klönabends und hatte mit originellem Material, vor allem mit lokalen Fotos das Interesse der Runde geweckt. Solch pfiffige Rezeptur mundete den Lottern auch diesmal nach deftigem Mahl plus Verteiler.

Allerdings zeigte sich auch: Für die älteren Semester ist die zum 1. Januar 1975 vollzogene Reform immer noch ein Reizthema. So kommentierte Irma Hackmann die Entscheidung des neuen Lotter Rates für Wersen als Siedlungsschwerpunkt und damit Sitz des Rathauses: „Der war gespickt, der Rat, der konnte nicht anders.“

Johanniemann vermied wohlweislich einen Disput mit der alten Dame, schließlich ist er Wersener. Doch die bis heute nachwirkenden Klippen der Reform, die landesweit die Zahl der Kreise von 57 auf 31 und die der kreisfreien Städte von 38 auf 23 reduzierte, umschiffte er nicht. Mit launigen Karikaturen, fiktiven Todesanzeigen und wortgewaltigen Kommentaren aus den regionalen Tageszeitungen ließ er die Emotionen jener Zeit wieder lebendig werden.

Allerorten schlug Innenminister Willi Weyer Widerstand gegen die „Eingemeindungen“ entgegen. Doch der Liberale zog sein Projekt für eine effektivere Kommunalverwaltung unbeirrt durch. „Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung waren damals noch Fremdwörter; sonst wäre es schwer geworden“, sagte Johanniemann.

Den „Kampf um Lotte“ verfolgte der Referent bis 1903 zurück, als es erste Bestrebungen gab, das Amt Lotte, das räumlich der heutigen Gemeinde entsprach, aber aus zwei politischen Gemeinden bestand, Westerkappeln zuzuschlagen. 1932 machten die Wersener klar, dass sie, wenn das Amt Lotte aufgelöst würde, lieber nach Osnabrück kämen. Das Fingerhakeln über die Landesgrenze überdauerte sogar den Zweiten Weltkrieg. 1971 gab es gar Spekulationen, dass der Bezirk Osnabrück zu NRW kommen sollte.

Die hitzigen Debatten belegte der Referent und illustrierte sie mit Gruppenfotos der damaligen Lotter Gremien, was bei den Zuhörern geradezu einen Wettbewerb des Wiedererkennens auslöste: Jürgen Steinschulte, Werner Huth, Heinrich Termath, Horst Ursinus und viele viele mehr, aber alle längst tot.

Hier auch eine Auswahl der schönsten Zitate: Wersen kommt ganz sicher zu Westerkappeln; Planung ist das Ersetzten des Zufalls durch den Irrtum; Lotte kommt bald zu Osnabrück; der Bürener Blinddarm zuckt ganz gewaltig; gewisse Leute müssen sich wieder nach einem ordentlichen Beruf umsehen.

Dass jemand für die neue Gemeinde den Namen „Werslot“ vorschlug, führte zu Heiterkeit. Und so förderte Wolfgang Johanniemann die weise Erkenntnis, dass mancher politische Streit von heute morgen nur noch als Anekdote taugt. Ob das aber zu mehr Gelassenheit führt?

Text: Thomas Niemeyer (NOZ)
Bilder: Kröner