Treffliches zur Gebietsreform Wolfgang Johanniemann serviert Lotter Schützen nach dicker Rippe sein trockenes Thema mit Pfiff

Sicherlich war es auch die dicke Rippe mit Kraut und lecker gezwiebeltem Püree, das die rund 40 Gäste am Freitagabend ins Alt-Lotter Schützenhaus lockte. Doch sie blieben auch zum Vortrag von Wolfgang Johanniemann. Mutig hatte Schützenchef Eckhard Kottmann das trockene Thema Gebietsreform für den Klönabend gewählt.

Doch Kottmann kennt seine Pappenheimer und seinen Joanniemann. Denn der Wersener Heimatforscher war bereits zum dritten Mal Referent des Klönabends und hatte mit originellem Material, vor allem mit lokalen Fotos das Interesse der Runde geweckt. Solch pfiffige Rezeptur mundete den Lottern auch diesmal nach deftigem Mahl plus Verteiler.

Allerdings zeigte sich auch: Für die älteren Semester ist die zum 1. Januar 1975 vollzogene Reform immer noch ein Reizthema. So kommentierte Irma Hackmann die Entscheidung des neuen Lotter Rates für Wersen als Siedlungsschwerpunkt und damit Sitz des Rathauses: „Der war gespickt, der Rat, der konnte nicht anders.“

Johanniemann vermied wohlweislich einen Disput mit der alten Dame, schließlich ist er Wersener. Doch die bis heute nachwirkenden Klippen der Reform, die landesweit die Zahl der Kreise von 57 auf 31 und die der kreisfreien Städte von 38 auf 23 reduzierte, umschiffte er nicht. Mit launigen Karikaturen, fiktiven Todesanzeigen und wortgewaltigen Kommentaren aus den regionalen Tageszeitungen ließ er die Emotionen jener Zeit wieder lebendig werden.

Allerorten schlug Innenminister Willi Weyer Widerstand gegen die „Eingemeindungen“ entgegen. Doch der Liberale zog sein Projekt für eine effektivere Kommunalverwaltung unbeirrt durch. „Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung waren damals noch Fremdwörter; sonst wäre es schwer geworden“, sagte Johanniemann.

Den „Kampf um Lotte“ verfolgte der Referent bis 1903 zurück, als es erste Bestrebungen gab, das Amt Lotte, das räumlich der heutigen Gemeinde entsprach, aber aus zwei politischen Gemeinden bestand, Westerkappeln zuzuschlagen. 1932 machten die Wersener klar, dass sie, wenn das Amt Lotte aufgelöst würde, lieber nach Osnabrück kämen. Das Fingerhakeln über die Landesgrenze überdauerte sogar den Zweiten Weltkrieg. 1971 gab es gar Spekulationen, dass der Bezirk Osnabrück zu NRW kommen sollte.

Die hitzigen Debatten belegte der Referent und illustrierte sie mit Gruppenfotos der damaligen Lotter Gremien, was bei den Zuhörern geradezu einen Wettbewerb des Wiedererkennens auslöste: Jürgen Steinschulte, Werner Huth, Heinrich Termath, Horst Ursinus und viele viele mehr, aber alle längst tot.

Hier auch eine Auswahl der schönsten Zitate: Wersen kommt ganz sicher zu Westerkappeln; Planung ist das Ersetzten des Zufalls durch den Irrtum; Lotte kommt bald zu Osnabrück; der Bürener Blinddarm zuckt ganz gewaltig; gewisse Leute müssen sich wieder nach einem ordentlichen Beruf umsehen.

Dass jemand für die neue Gemeinde den Namen „Werslot“ vorschlug, führte zu Heiterkeit. Und so förderte Wolfgang Johanniemann die weise Erkenntnis, dass mancher politische Streit von heute morgen nur noch als Anekdote taugt. Ob das aber zu mehr Gelassenheit führt?

Text: Thomas Niemeyer (NOZ)
Bilder: Kröner